Zunächst Rezensionen gelesen. Praktisch jeder Rezensierende gibt den Sachverhalt wieder, dass von einer Bank Bargeld abgeholt und in einer Plastiktüte mit sich geführt werde. Ich fragte mich, ob oder inwiefern das Bargeld die Plastiktüte fülle (Christian Metz: “Mit einer Plastiktüte voller Geld”). Oder: Wieviel Raum nehmen 600 Geldscheine ein?
Der Tagesanzeiger schrieb zur Einführung der neunten Serie, dass eine Million Franken in Tausendernoten einen Stapel von zehn Zentimeter Höhe ergebe. Und Wikipedia weiß, dass ein Tausendfrankenschein 15,8 mal 7 cm misst. Demnach wäre ein Bündel von sechshundert Scheinen sechs Zentimeter dick und hätte ein Volumen von 664 Kubikzentimetern. Das ist soviel wie ein dickes Taschenbuch. Denn messe ich mein Suhrkamp-Taschenbuch Mein Jahr in der Niemandsbucht aus, hat das 10,8 x 17,6 x 3,2, das macht 608 Kubikzentimeter. Knausgårds Leben bei btb hat schon 11,8 x 18,7 x 4,1 = 905 Kubikzentimeter. Also ein eher kleines Volumen, das eine ganze Plastiktüte kaum füllt. Es sei denn, es wäre eine kleine, wie sie Buchhandlungen, Apotheken oder Drogeriemärkte früher ausgegeben haben.
Aber ad fontes. “Der Mann reichte ihr eine Tüte, und sie leerte das Bündel der sechshundert Eintausendfrankenscheine hinein.” heißt es in Eurotrash. Ein Bündel leeren heißt nicht ein Bündel hineinlegen. Die Banderolen oder das Gummiband bleibt außen vor, die Mutter reißt sie offenbar auf oder streift es ab und gibt die Scheine lose in die Tüte. (Sprache beschreibt Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit dahinter versuche ich Pedant mir vorzustellen.) Später kramen der Erzähler wie seine Mutter Scheine aus der Tüte. Das passt zu losen Scheinen. Lose, vielleicht leicht zerknüllt und nicht geschichtet, nehmen die Banknoten freilich mehr Raum ein als die gepressten 664 ccm. Ich sollte es einmal praktisch ausprobieren, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Selbst wenn ich Fünfeuronoten nähme, die mit 12 x 6,2 cm nur zwei Drittel eines Tausendfrankenscheins groß sind in der Fläche, wären 600 x 5 = 3000 Euro nötig, um die Handlung nachzuspielen. Aber mit genug Lust, ich meine: Luft dazwischen, plustert sich das Volumen, wenn auch nicht das Gewicht, sicherlich leicht auf sechs Taschenbücher auf und die Plastiktüte im A4plus-Format füllt sich. Hier berichtet eine Romanfigur es einer anderen selbst: “Sie hätten auch eine Plastiktüte voller Geld dabei, und ein Taxi wartete auf sie neben dem Gastgarten.” Zuvor hatte es geheißen: “Meine Mutter sammelte die Scheine ein und schob sie wieder in die Tüte.” Ja, sie sind unbanderoliert da drin. Auf einem Berg handelt der Erzähler so: “Ich nahm also etwas Geld aus der Plastiktüte mit der Wodkaflasche und den Tabletten, eine ordentliche Handvoll nahm ich heraus […] Es waren vielleicht sechzig- oder achtzigtausend Franken. Ich begann, die Geldscheine zu ordnen und daraus vor ihnen einen Stapel zu schichten, der nicht sehr dick war, vielleicht nur zwei Zentimeter oder so”. Mit den vom Tagesanzeiger angegebenen zehn Zentimern für eine Million, also sechs für Sechshunderttausend, erhellt sich, dass die Scheine, die der Erzähler aus der Tüte nimmt (eine Handvoll bedeutet, dass sie lose drin liegen), etwas zerknittert sind und nicht mehr bankfrisch, sonst wäre der Stapel weniger als halb so dick. Wobei er nicht gepresst wird, etwa durch eine Gummiband, auf dem Tisch zwischen den vier Personen, so dass die zusätzliche Höhe nicht verwundert oder auf eine dolle Knitterung hinweist, sondern ganz natürlich ist.
Zugegeben, nach den Rezensionen und meiner Rechnung habe ich Fantasien entwickelt. Habe Kracht verdächtigt, er habe Rezensierende in eine Falle locken wollen. Etwa so, dass sie keine sechshundert Geldscheine je in der Hand gehabt hätten, und also deren Volumen gar nicht abschätzen könnten. Hätte einen offenkundigen Fehler in seinem Roman begangen, gespannt, ob ihm jemand draufkommt. Ok, das war zuviel schmutzige Fantasie.